Mittwoch, 14. Februar 2024

Tag der Liebe in allen Formen

 


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Inhalt

Antiker Ursprung

Heiliger Valentinus

Valentinstag als Kommerztag
Cover Reveal


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Antiker Ursprung


Lupercalia war das Hauptfest des römischen Gottes Faunus, der den Beinamen Lupercus hatte und am Palatin in Rom eine heilige Grotte hatte. 

Kaiser Augustus verwandelte die Grotte in ein Heiligtum zu Ehren des Kults.

Lupercalia wurde entweder von Romulus (Der Zwilling von Remus, die von einer Wölfin großgezogen wurden) oder von Euandros gegründet, als ein Reinigungs- und Fruchtbarkeitsfest. 

Das Fest wurde vom 13. - 15.02., bei Annäherung des Frühlings, gefeiert.

Die altertümlichen in Rom bis in die Spätantike gepflegten Gebräuche der Lupercalien deuten auf Sühnung und Befruchtung des Landes, der Stadt, ihrer Einwohner und ihrer Herden hin.


Die Feier selbst begann zumeist mit einem Bocksopfer auf das ein Opfermahl folgte, während der Opferzeremonie wurden zwei vornehme junge Männer herbeigeführt und von den Opferern mit dem blutigen Messer an der Stirn berührt, andere haben das Blut dann mit in Milch getränkter Wolle abgewischt.

Nachdem Opfermahl banden sich die nackten Priester die Felle der geopferten Böcke um die Hüften, zerschnitten dann andere Felle in Riemen und liefen so durch die Stadt, vermutlich um den Palatin herum. Verheiratete Frauen stellten sich dem gern in den Weg und ließen sich mit den Riemen in die Hand schlagen, weil sie sich davon Ehesegen erhofften.


Quellen:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Lupercalien

https://www.fest-und-feiern.de/lupercalia

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Heiliger Valentinus


Nun kommen wir in die Geschichte zum Valentinstag, die aus dem Christentum entstand, und wie es dazu kam. 

Die Geschichte selbst hat nicht viel mit dem Brauch aus dem römischen zu tun, aber ist - wie ich finde - dennoch sehr erwähnenswert. 😊


Sidenote:

Es gibt keinen historischen Beleg das die Christen diesen Festtag von den Römern "geklaut" haben, sie haben den Tag schlichtweg umgewandelt in eine eigene Variante, zumal der 14. auch der Gedenktag des Heiligen Valentin ist.

Und nun weiter im Text. 🥰


Es gab ein paar mehr frühchristliche Heilige die Valentinus hießen. Für den 14.02. finden sich Valentin von Rom und Valentin von Terni wieder, wobei möglich ist, dass es sich um ein und denselben Heiligen handelt.


Valentin von Rom

Er war Priester in Rom der 269 den Märytertod erlitt und auf der Via Flaminia begraben wurde. Die Reliquien des heiligen Valentin wurde in der Kirche und in den Katakomben von San Valentino in Rom aufbewahrt.

In Martyrologien werden in Verbindung mit dem 14. 02. Viten verschiedener Märtyrer namens Valentinus angeführt, beispielsweise die Vita des heiligen Valentin von Rom, der das Martyrium erlitt, weil er Soldaten traute, denen das Heiraten verboten war.


Er wurde eingesperrt, weil er verfolgte Christen unterstützte. Zeitgenössische Aufzeichnungen über den heiligen Valentin wurden höchstwahrscheinlich während der Christenverfolgung unter Diokletian und Galerius im frühen 4. Jahrhundert zerstört.

Im 5. oder 6. Jahrhundert wurde in einem Werk mit dem Titel »Passio Marii et Marthae« ein Martyriumsbericht über den heiligen Valentin von Rom veröffentlicht. Sie besagen, dass der heilige Valentin als Christ verfolgt und vom römischen Kaiser Claudius II. persönlich verhört wurde. Claudius war von Valentin beeindruckt und versuchte ihn zum römischen Heidentum zu bekehren, in der Absicht, sein Leben zu retten. Valentin lehnte ab und versuchte, Claudius stattdessen zum Christentum zu bekehren. Aus diesem Grund wurde er hingerichtet. Vor seiner Hinrichtung soll er ein Wunder vollbracht haben, indem er Julia, die blinde Tochter seines Aufsehers Asterius, heilte. Er schrieb ihr vor seiner Hinrichtung zum Abschied einen Brief, der mit „Dein Valentin“ unterzeichnet war.


Valentin von Rom wurde am 14.02. enthauptet.


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Valentin von Terni 

Er wurde Bischof von Interamna, dem heutigen Terni, und soll während der Verfolgung unter Kaiser Aurelian im Jahr 273 den Märtyrertod erlitten haben. Er ist ebenfalls auf der Via Flaminia begraben, aber an einem anderen Ort als Valentin von Rom. Seine Reliquien befinden sich in der seinem Patrozinium unterstellten Basilika in Terni.

Ihm wird die selbe Geschichte zugeschrieben wie Valentin von Rom.


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Der Gedenktag des heiligen Valentin wird in verschiedenen Konfessionen begangen und findet sich auch im Heiligenkalender einiger lutherischer Kirchen. 1969 wurde das Fest des heiligen Valentin jedoch aus dem römischen Generalkalender gestrichen. In Jahren, in denen der Gedenktag liturgisch nicht von einem anderen verdrängt wird, finden jedoch zuweilen besondere Wortgottesdienste mit Segnung statt.


Quellen:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Valentinstag

https://www.heiligenlexikon.de/BiographienV/Valentin_von_Rom.html


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Valentinstag als Kommerztag


Der Kommerz der den Valentinstag heut umgibt ist relativ simple erklärt.

Diesen Brauch brachten die Engländer damals nach Amerika, wo es riesig wurde und die Amerikaner brachten diesen nach dem zweiten Weltkrieg nach Deutschland.

Seither hält sich dieser Tag wacker zum großen Blumen und Schokolade verkaufen, während die eigentliche Geschichte und der eigentliche Gedanke etwas außer Acht bleibt.

Quelle:

https://www.weltverbesserer.de/valentinstag-fuenf-errungenschaften-die-eine-liebeserklaerung-verdienen-8420/


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Cover Reveal

Hiermit ist der kleine Geschichts Exkurs beendet und ich darf nun folgendes Verkünden - Das Cover für die Anthologie "Mosaik der Liebe" steht. Und hiermit haben wir eine Anthologie geschaffen, die aus unglaublich vielen facettenreichen Geschichten über Liebe und Beziehungen geht. Es war ein Fest an dem Projekt mitzuwirken und das Kollektiv freut sich schon sehr darauf, das Buch am 29.02. zu veröffentlichen.




Dieser Blog wurde von noa.lunara.schreibt zur Verfügung gestellt. Alle Rechte am Text liegen bei ihr und sind nicht zur Kopie freigegeben!

Donnerstag, 30. November 2023

Der erste Schnee

 


 „Was machst du da?“, fragte Lazai, der verschlafen am frühen Morgen ins Wohnzimmer getapst kam, nur um zu sehen, dass sein Freund mit dem Gesicht am Fenster klebte.
„Es ist so weiß“, war alles, was er als Antwort von Reece bekam.
Lazai hob verwirrt eine Augenbraue an. Weiß? Wo war die Farbe denn so schnell über Nacht hingegangen?
Der Engel zog seine dunkle Stoffjacke enger um sich und trat dann hinter Reece. Er stellte sich auf seine Zehenspitzen und blickte ihm über die Schulter nach draußen. Es war in der Tat sehr weiß, wie er feststellte.
„Was ist das?“, fragte Lazai leise über diesen Zustand nach. Es wirkte, als wären die Wolken vom Himmel gefallen und hatten sich nun wie Watte über dem Boden ausgebreitet, wobei einige davon in den Bäumen hängen geblieben waren und wieder andere rieselten in großen Flocken gen Boden.
Reece horchte bei der Frage auf und drehte sich zu ihm um, ein amüsiertes Grinsen auf den Lippen: „Sag nicht, du hast noch nie Schnee gesehen?“
Lazai schüttelte zur Antwort mit dem Kopf. Schnee? Das war ihm tatsächlich gänzlich unbekannt. Zumal er nicht oft auf der Erde unterwegs gewesen war und wenn dann meist nur im Frühjahr oder Sommer, ganz selten noch im Herbst. Den Winter über war er für gewöhnlich im Himmel unterwegs oder in Gegenden wo es selten bis nie zu so einem Zustand kam.
„Oh“, kam es von Reece und er machte Platz am Fenster. Der Hexenmeister legte einen Arm um die schmale Hüfte von dem Engel und zog ihn neben sich ran. Neugierig blickte er nach draußen, der Hof in ihrer Wohnanlage sah aus wie ein Gemälde.
„Es sieht so weich und hübsch aus“, murmelte Lazai begeistert davon.
Reece lächelte stolz und nickte zustimmend.
„Können wir rausgehen?“, fragte Lazai nach und sah aus großen blauen Augen zu Reece auf, der kurz zu überlegen schien. Anschließend nickte er, da er offensichtlich nie Nein sagen konnte, wenn es um eine Bitte von Lazai ging.
Der Engel lächelte vergnügt und lehnte sich ihm entgegen, gab ihm einen Kuss auf die Wange, ehe er sich aus seinem Griff wandte und in den Flur ging.
„Möchtest du nicht wenigstens noch Schuhe anziehen? Oder eine Jacke? Schatz?“, rief Reece ihm fragend hinterher und folgte, nur um zu sehen, dass Lazai bereits nach draußen gegangen war. Reece schüttelte amüsiert darüber den Kopf und zog sich seine Schuhe an, sowie eine dicke Jacke und einen Schal, ehe er dann, passend gewappnet für die Kälte, ebenfalls nach draußen ging.

Der kleine Engel stand inmitten der verschneiten Wiese vor dem Wohnkomplex und blickte nach oben in den Himmel. Ein weites, freudiges Grinsen zeichnete sich auf seinen vollen Lippen ab und ein aufgeregtes Glitzern fand sich in den strahlend blauen Augen wieder. Die Flocken blieben in seinen braunen Locken hängen und gaben ihm etwas Reines, Unschuldiges. Reece blickte ihn schmunzelnd an, sein Bauch kribbelte bei dem Anblick des Engels.
Lazai sah schließlich zu seinem Freund rüber und streckte seine Hand nach ihm aus.
„Reece, komm zu mir“, sagte er auffordernd und der Hexenmeister kam der Bitte nur zu gerne nach. Er reichte seinem Engel die Hand und Lazai umschloss diese mit seinen Fingern, zog Reece so näher zu sich und grinste zu ihm auf, stellte sich leicht auf seine Zehenspitzen und küsste ihn zärtlich. Der Hexenmeister erwiderte den Kuss sanft und lächelte in diesen hinein.
Es hatte fast schon etwas Märchenhaftes. Lazai seufzte zufrieden in den Kuss, als Reece ihn enger an sich zog.
„Ich find es schön sowas mit dir teilen zu dürfen“, wisperte der Engel lächelnd an die Lippen seines Freundes.
„Das… freut mich sehr, ich find es auch schön“, erwiderte Reece grinsend.
Lazai sah ihn glücklich an, als er kurz Niesen musste.
Reece lachte: „Wir sollten vielleicht wieder rein gehen bevor du dich noch verkühlst.“
„Ich bin doch bereits kühl?“, sagte Lazai perplex.
Der Hexenmeister grinste amüsiert: „Nicht so, eher in Richtung Erkältung.“
„Achso“, sagte Lazai leise und runzelte die Stirn.
„Du bist zwar selber kalt, aber das macht dich nicht immun gegen diese Kälte“, wusste der Hexenmeister grinsend.
„Ja, das mag wohl sein“, meinte Lazai leise und ließ sich von Reece in den Arm nehmen und zurück in die Wohnung schieben.

Lazai würde dennoch gerne wieder zurück nach draußen, vielleicht wärmer gekleidet. Er wollte wissen, was man mit dem Schnee noch so alles machen konnte, aber das musste wohl noch etwas warten. Reece setzte dem Engel wenig später eine heiße Schokolade vor und packte ihn in eine Decke, um ihn wieder aufzuwärmen. Der Engel hatte sich dafür einen Platz am Fenster gesucht und sah nach draußen. So konnte er den Schnee auch genießen.

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Text wurde zur Verfügung gestellt von Noá Lunara.
Idee, Charaktere und Ausführung stammen aus ihrer Feder und sind daher urheberrechtlich geschützt. :)

Dienstag, 14. November 2023

Pressemeldung: Autor:innenkollektiv Schreibfeder präsentiert erste Weihnachtsanthologie

Das Buchcover

Mit “Wenn die Tannen duften” präsentiert das Autor:innenkollektiv Schreibfeder das erste gemeinsame Printprojekt. Das Kollektiv, das im Kern aus den Autorinnen Madelaine Dunschen, Nóa Lunara, Laura Pellizzari, Elise Marai, Anna-Sophie Prägler und Christine Kulgart besteht, hat sich im Sommer 2023 gegründet. 

Aus der Grundidee eines Adventskalenders entstand die Weihnachtsanthologie, zu welcher Autor:innen via Social Media eingeladen wurden. 21 Geschichten und Gedichte wurden aus den zahlreichen Einsendungen ausgewählt und haben es in die Anthologie, die als Taschenbuch und E-Book erhältlich ist, geschafft. Die Themen sind dabei so abwechslungsreich und unterschiedlich wie die Beitragenden selbst: mal besinnlich, mal fantastisch, mal ganz typisch weihnachtlich und dabei immer stimmungsvoll.

Der Erlös von “Wenn die Tannen duften” kommt vollständig der Caritas zugute. Eine Spende für den guten Zweck stand von Anfang an fest.

Die Weihnachtsanthologie erscheint im Self-Publishing. Von der Ausschreibung bis zur Auswahl der Beiträge, dem Lektorat, dem Buchsatz, der Covergestaltung bis hin zum Marketing haben die Mitglieder des Autor:innenkollektivs jeden Schritt in Eigenregie umgesetzt. Und das ist erst der Anfang: Den sechs Autorinnen gehen die Ideen so schnell nicht aus. 


Über das Autor:innenkollektiv

Das Autor:innenkollektiv Schreibfeder entstand spontan aus einem Gruppenchat heraus. Alle Mitglieder hatten zuvor ein Buch im Rahmen des Young Storyteller Awards 2023 veröffentlicht. Die Liebe zum Schreiben und Geschichtenerzählen hat die sechs Autorinnen schließlich zusammengebracht. “Wenn Tannen duften” ist das erste Großprojekt der Gruppe. Zuvor haben sie bereits ein Halloween-Projekt auf ihrem Blog www.autorinnenkollektiv-schreibfeder.blogspot.com veröffentlicht.

Dienstag, 31. Oktober 2023

Stumm

Triggerwarnung: 

Diese Geschichte enthält Beschreibungen von Vergewaltigungen, Mord und Folter. 


„Egal was passiert, öffne nicht deine Augen.“ Es sind so einfache Worte, die eine einfache Handlung erfordern. Aber ich kann nicht. Ich muss sie einfach öffnen. Und sehe das Entsetzen. Das schlimmste, was ich je gesehen habe und wohl auch sehen werde. Weit geöffnete Augen, die mich anstarren. Es sind die für mich wohl vertrautesten Augen auf der Welt - die Augen meiner Mutter.

„Mami, stirb nicht, ich liebe und brauche dich.“ spreche ich in Gedanken mit meiner Mutter. Aber keine Reaktion. Ich sehe nur leere Augen, die voller Liebe, Hingabe und Leben gefühlt waren.

„Ich sagte doch, dass du nicht hinsehen solltest.“ spricht der Mann hinter mir. Ich habe keine Ahnung, wer er ist, aber ich habe das Gefühl, dass er weiß wer wir sind und genau weiß, was er tut. „Das hast du sehr gut gemacht Bonnie, du hast hingesehen, obwohl ich gesagt habe, guck weg. Du bist sehr mutig, aber auch dumm. Deine Dummheit muss bestraft werden und ich freue mich, dich bestrafen zu können.“ spricht er so gefühllos, dass es mir einen Schauer über den Rücken läuft.

Der Mann sieht groß für mich aus, aber ich weiß nicht wie sein Gesicht aussieht. Die Sturmmaske verdeckt sein Gesicht, was sie aber nicht verdecken kann sind seine tief dunklen, braunen, toten Augen.

Ich schließe die Augen in der Hoffnung, dass es nur ein Traum ist.


Es ist ein heißer Nachmittag in San Francisco. Unser Wohnkomplex steht auf einem Hügel, die Straße ist so laut, wie man es erwarten kann. Wir wohnen recht weit oben und wenn ich nach Hause durch die Tür komme, sehe ich direkt die Küche. Es ist für mich der schönste Ort in unserem Zuhause. Die Sonne scheint durch das Küchenfenster auf dem Esstisch. Meine Hefter und Bücher liegen kreuz und quer und ich gebe mir allergrößte Mühe, mich auf meine Hausaufgaben zu konzentrieren. Es ist allerdings gar nicht so einfach. Ich spüre einen Widerstand in mir, einfach in mein Zimmer zu gehen und einfach drauf los zu malen. Aber nein - ich versuche brav zu sein, für meine Mum. Sie und ich, wir sind ein Team. Sie ist der Inbegriff der Schönheit, in ihren blauen Augen sieht man die Wellen des Ozeans, die jeden mitreißen können. Es sind positive Wellen der Liebe, Toleranz und Stärke. Die alte Mrs. Miller, die gegenüber im Apartment lebt, pflegt immer zu sagen „Kindchen, du wirst genauso werden wie deine Mutter. Du siehst aus wie sie, mit deinen blonden lockigen Haaren, um die ich dich so beneide. Du wirst ihre Freundlichkeit und Offenheit gegenüber anderen übernehmen und wirst immer auf sie hören, verstehst du?“ Ach, die alte Dame hat schon etwas verrücktes an sich. Aber ich kenne sie, seit wir in diesem Komplex leben. Sie ist immer nett und hilfsbereit. Außerdem kennen wir kaum andere Nachbarn von uns.


Wir leben oben in der zehnten Etage und die Mieter leben alle eher für sich. Jeder macht sein Ding und es interessiert sich niemand für den anderen. Mum ist in ihrem Schlafzimmer und arbeitet am Computer. Sie ist einmal böse auf mich geworden, weil ich einfach so in das Zimmer reingeplatzt bin, ohne vorher anzuklopfen. Ich sah nur, dass der Computer an war und sie schnell den Bildschirm ausgemacht hat, als sie mich bemerkt hat. Das war für mich eine Lehre. Deswegen versuche ich mich weiter auf meine Hausaufgaben zu konzentrieren, gebe aber schließlich auf. Die Matheaufgaben werde ich im Schulbus morgen früh fertig stellen und Mum wird es nie erfahren. Ich räume unseren Esstisch auf und bereite mich mental schon auf das Abendessen vor.

*Klopf, Klopf* Wir erwarten keinen Besuch, aber es kann möglich sein, dass Mrs. Miller an der Tür steht und uns zum abgestandenen Kaffee und Keksen einladen will, wobei die Kekse schon längst abgelaufen sind. Noch bevor ich die Tür öffnen kann, geht meine Mum fröhlich und heiter mir zuvor. Sie lächelt mich an und es ist das liebevolle Lächeln, was aussagt: "Ich liebe dich, mein Kind. Ich bin stolz auf dich und werde dich für immer beschützen.“ Mum hat die Angewohnheit, zuerst durch den Türspion zu gucken. Sehr klug und umsichtig; eine Löwin, die ihr Baby schützen will. Sie schaut durch und öffnet die Tür. An der Türschwelle stehen zwei Männer in grauer Uniform. Sie sehen für mich aus wie Handwerker.

„Entschuldigen Sie bitte, dass wir Sie noch so spät aufsuchen, Miss King, aber wir haben von unserem Chef den Auftrag bekommen, in jedem Apartment die Feueralarmanlage zu überprüfen. Sicherlich haben Sie unseren Zettel im Briefkasten vor einigen Tagen gesehen.“ spricht der größere Mann in einer sehr freundlichen und warmen Stimme.

„Ohja, sicher, es tut mir Leid, ich habe vergessen, dass Sie heute kommen wollten. Aber natürlich, kommen Sie..“ noch bevor meine Mum ihren Satz beenden kann, holt der kleinere Mann eine Pistole aus seiner rechten Hosentasche, stürmt an ihr vorbei und kommt innerhalb von Millisekunden auf mich zu. Sein linker Arm umfasst meinen Hals, mit der rechten Hand setzt er die Waffe an meine Schläfe. Ich bekomme kein Ton heraus, ich bin starr vor Schreck. Noch bevor meine Mutter realisieren kann, was passiert ist, schubst der größere Mann sie in die Wohnung und schließt die Tür.

„Annie, ich empfehle dir, still zu bleiben. Du siehst, mein Partner hält deiner süßen Tochter eine Waffe an den Kopf. Versuchst du zu rebellieren, stirbt Bonnie.“ Alles in mir wird taub und ich sehe, dass meine Mum sich fügt. Sie verhält sich defensiv und gibt den Räubern das, was sie wollen. Aber in ihren Augen sehe ich den Ozean. Nicht der tiefblaue, der Heiterkeit. Es ist der dunkle Ozean, auf dem ein Gewittersturm sein Unwesen treibt und nur darauf wartet, etwas zu töten. Meine Mutter ist im Beschützermodus. Mein Gott, sie ist so unglaublich.

Ich erwache aus meinem Traum auf und spüre, wie sich meine Blase füllt. Ich spüre, wie ich im Schlafzimmer meiner Mum auf dem lilafarbenen Teppich liege. Allerdings weiß ich auch, dass dieser nicht mehr lila ist, sondern die Farbe von Blut angenommen hat. Mein Gott, wenn ich die Augen öffne, würde ich sehen wie... Nein, ich will sie einfach nicht öffnen. Es ist so still, ich höre meine eigenen Atemzüge. Es holt mich in die Realität zurück und ich spüre, wie die Welt sich weiter dreht, meine eigene aber komplett stehen geblieben ist.


 Niemand scheint hier zu sein, nur Mum und ich. Keine Ahnung, wie lange ich geträumt habe, aber ich spüre keine weitere Person hier. Die Männer sind weg. Ich erinnere mich an die Worte des Mannes und ich habe Angst vor seiner Bestrafung. Dennoch beschließe ich meine Augen wieder zu öffnen und - Oh mein Gott. Es war ein Fehler. Er hat mich bestraft. Ja und wie er mich bestraft hat. Ich sehe immer noch meine Mum - zumindest das, was von ihr übrig geblieben ist. Ihre Haut sieht so krank aus und ihre Augen. Da ist kein blauer Ozean, da ist kein dunkler Ozean. Das ist - ich weiß nicht. Was mal Augen waren, haben sich in milchige Flüssigkeiten verwandelt, die einer hellen Schlammpfütze ähneln. Ich kann meine Augen nicht abwenden, ich kann mich nicht drehen oder bewegen. So sehr ich es auch will, es geht nicht. Der Mann hat mich bestraft - indem er mich an meine tote Mutter gefesselt hat. Die Kette ist um meinen Hals geschlungen und reicht hinüber zum Hals meiner Mutter. Gesicht an Gesicht, vielleicht 5cm Abstand zwischen uns. Wieso? Wieso meine Mum? Wieso ich? Wir sind gute Menschen und haben nie irgendjemandem etwas Böses angetan. Ich krame in meinen Erinnerungen und versuche zu verstehen, was passiert ist:

Mum ist eine Löwin, wachsam und instinktiv beschützt sie mich. Sie hört auf das, was die Männer zu ihr sagen. Wir alle sind ins Schlafzimmer gegangen, die blauen Vorhänge sind zugezogen, sodass kein natürliches Licht in den Raum fällt. „Annie, du fesselst Bonnie an den Stuhl und drehst in Richtung Bett. Sie wird sich alles ansehen.“ Der Mann klingt fast glücklich, glücklich, mir Qualen zuzuführen und mich zu zerstören. Mum hört auf ihn, sie fesselt mich an den Stuhl und richtet den zum Bett. Nun sitze ich da, starre auf ihr großes Bett und weiß nicht, was ich tun soll. In meinem Inneren spielen sich all die positiven Erinnerungen ab. Wir haben in diesem Bett gekuschelt, als sie mich getröstet hat nach einem Alptraum. Wir haben hier eine Kissenschlacht veranstaltet und hatten den Spaß unseres Lebens. Ich habe ihr Frühstück ans Bett gebracht zum Muttertag. Es sind so viele wundervolle Erinnerungen und ich weiß, dass was jetzt passieren wird, wird all das zerstören.

„Zieh dich jetzt aus und setz dich aufs Bett.“ Der kleinere Mann spricht zum ersten Mal. Seine Stimme klingt unsicher, unterwürfig. Ich weiß nicht, er macht mir nicht so große Angst wie der andere Mann. Mum sitzt auf ihrem Bett, nackt und beschämt. Die rosafarbene Bettwäsche strahlt eine Geborgenheit aus, die für diese Situation einfach nur unpassend erscheint. Der große Mann geht zu ihr hin und fesselt sie ans Bett. Sie liegt wie ein Seestern da, starrt an die Decke und wünscht sich, vermutlich woanders zu sein.

Ich zucke zusammen. Es ist so laut, die Musik. Was ist das? Für einen Augenblick habe ich das Gefühl, meine eigenen Gedanken nicht hören zu können. Mum und ich sind alleine im Raum, aber nur kurz. Sie bringen einige Taschen in den Raum hinein und bauen alles auf. Das Equipment, die Kamera, die Kleidung und die Musik scheinen genau aufeinander abgestimmt zu sein. Die Kamera ist genau auf das Bett gerichtet, die Männer haben ihre graue Uniform abgelegt und sind komplett in schwarz gekleidet, die Gesichter so verhüllt, dass ich sie nicht erkennen kann. Das Equipment liegt ausgebreitet auf der Sitzbank vor dem Bett. Messer, Hammer, Säge, Elektroschocker, Fesseln und andere Dinge, für die ich eindeutig zu jung bin. Die Musik - „Gimme Shelter“ von den Rolling Stones. So laut, dass man nichts anderes hören kann. Die Vorbereitungen scheinen abgeschlossen zu sein - die Vorführung kann beginnen. Der kleine Mann tanzt zur Musik, Richtung Kamera und dann meiner Mum zugewandt. Es ist für ihn eine Show, eine Show, die er für sich, meine Mum und die Kamera veranstaltet. Er tanzt um das Bett herum, wie ein Irrer mit perfekten Tanzschritten, während der größere hinter der Kamera steht. Der Mann nimmt einen Hammer, tanzt mit ihm fröhlich und im nächsten Augenblick schlägt er damit meine Mum. Sie schreit. Sie schreit so laut, es geht. Aber niemand kann sie hören, zumindest außerhalb der vier Wände nicht. Sie kämpft mit den Schmerzen, aber im nächsten Augenblick vergewaltigt er sie. Als er fertig ist, nimmt er ein Messer und schneidet lange Linien in ihren Körper. Es sieht qualvoll aus und ich wünsche mir, dass sie schon tot ist, damit sie nichts spürt. Aber sie lebt - und das weiß er auch. Er vergewaltigt sie erneut und führt wieder Messerstiche und Linien durch. Immer und immer wieder. Vergewaltigung - Schmerz; immer abwechselnd. Es scheint ewig zu dauern. Von meiner Mum ist nicht mehr viel übrig, aber sie lebt noch. Nein, das darf einfach nicht sein. Sie dreht den Kopf zu mir und sieht mir tief in die Augen. Für eine Sekunde spüre ich ihren Wunsch. Ich spüre, wie sie sich wünscht, dass ich ihre Stelle einnehmen würde. Und sofort spüre ich ihre Scham; ihre Scham, dass sie sich wünscht, dass ihrem Baby so etwas passiert. Sie dreht sich weg und scheint sich ihrem Schicksal ergeben zu wollen.

„Mum, ich liebe dich. Und ich würde es für dich tun!“ Sie dreht sich wieder zu mir, spüre kurz ein liebevolles Funkeln in ihren Augen und sehe Tränen. Sie weiß es, ich weiß es und die beiden Männer wissen es. Meine Mum wird sterben. Sie wird sterben, ohne Würde, ohne Worte und komplett entblößt.

Dann ein dumpfer Schlag. Die Musik ist aus. Die Akustik, die meine Gedanken verdrängt hat, schenkt mir komplette Stille. Obwohl ich nicht weiß, ob ich dieses Geschenk haben will.

Ich sehe Mum und ich weiß sie ist tot. Tränen laufen mir übers Gesicht und ich fange an zu schreien. Ein starker Schmerz durchströmt mich und - komplette Dunkelheit.

„Das ist deine Bestrafung Bonnie. Du hast nicht auf mich gehört, hast die Augen geöffnet und gesehen - gesehen, wer wir sind. Wir können nicht zulassen, dass du auspackst. Wie du spürst, haben wir dich an Annie gefesselt. Du kannst dich nicht bewegen und du kannst sie nicht bewegen. Du bist gezwungen entweder deine Augen zu schließen oder deiner Mum in die Augen zu sehen. Zu sehen, was sie mal für ein Mensch war und nun nicht mehr ist. Du wirst nicht sterben, du wirst gefunden und wirst den Schmerz für immer bei dir tragen. Das nächste Mal hörst du auf das, was man dir sagt. Auf Wiedersehen.“

Ich wache aus einer Erinnerung auf und plötzlich komplette Stille. Nichts. Die Männer sind weg, die Musik ist aus und die Nachbarn sind still. Es ist bedrückend, seinen eigenen Körper zu hören und nichts machen zu können. Ich liege nur da, schaue meine Mum an und streichle ihr übers Haar. Ich werde sie beschützen und werde sie nicht alleine lassen. Ich streichle ihr so lange über ihr Haar, bis ich einschlafe.

Die milchigen Flüssigkeiten, die mal die Augen meiner Mum waren, werden dunkel. Ich will nicht mehr leben. Ich will zu ihr und bei ihr sein können. Die Sterblichkeit wird mir bewusst. Ich rieche es, ich rieche, wie ihr Körper sich langsam auflöst. Vielleicht riechen es auch die Nachbarn und sie werden mich finden? Eigentlich will ich gar nicht gefunden werden. Ich will nirgendwo hin, nur zu Mum in den Himmel.



Über die Autorin:

Anna T. (geboren 1997) lebt in NRW, Nähe Düsseldorf. Sie befindet sich aktuell in Umschulung zur Kauffrau für Büromanagment.

Die aus Sachsen stammende Autorin zog vor 1,5 Jahren in den Westen, wo sie ihr Leben komplett neu gestaltet. 

Instagram: hellou_anna


Die Schattenspielerin

von Laura Pellizzari

Triggerwarnung: Tod, Tod eines Kindes


Ich beobachtete, wie das kleine blonde Mädchen in der viel zu warmen Oktobersonne spielte, während ihr Eis über die kleinen Finger tropfte. Vanille, Mango, Maracuja oder auch Zitrone mit ordentlich vielen Chemikalien. Vielleicht war es auch so ein besonderes Herbsteis, wie es die Menschen in den letzten Jahren zu lieben begonnen hatten, etwas, was sie Kürbisgeschmack nannten. Auf jeden Fall eine ordentliche Zuckerbombe. Könnte Diabetes auslösen, Arterienverkalkung, Krebs, Alzheimer, die üblichen Problemchen, die das Alter in der modernen Welt mit sich bringt – wenn sie denn so alt werden würde.

Für das Mädchen war das Eis kein so großes Privileg, wie es für sie sein sollte. Was würde ich dafür geben, noch einmal so ein Eis essen zu können. Nur noch einmal. Oder zumindest die stille Freude empfinden zu können, die ich zu fühlen pflegte, wenn die gefrorene Sahne in meinem Mund zerfloss. Doch für das Mädchen war es nur ein Eis, vielleicht schon das zweite oder dritte diese Woche, nichts Besonderes. Ihr Schatten war interessanter, viel spannender. Hob sie ihre linke Hand spiegelte die schwarze Gestalt am Boden sie. Sprang sie, tat die Figur es ihr nach, nur um dann eine Sekunde später schon wieder an ihren Sohlen zu kleben. Für die Kleine schien das ziemlich faszinierend zu sein, immer und immer und immer wieder zu springen und zu landen und ihren Schatten dabei zu beobachten, wie er es ihr gleich tat. Dann lief das Mädchen, so schnell, bis sie nur noch keuchte, viel zu schnell für das noch heiße Wetter. Sie hatte keine Chance, den Schatten abzuhängen, nie. Minutenlang hetzte sie hinter ihm her, quer über den Platz, einmal so nahe an mir vorbei, dass sie mich hätte sehen müssen, wenn ich denn für sie sichtbar gewesen wäre. Doch das war ich noch nicht. Ein bisschen noch, ein paar Minuten. Dann würde sie mich sehen und schon jetzt hasste ich den Schrei, den sie ausstoßen würde, den alle ausstießen, wenn sie mich zum ersten Mal sahen.

Hätte ich noch mein Herz, würde es mir Spaß machen, das Mädchen zu beobachten. Ihre Freude wahrzunehmen. Früher, in einem anderen Leben, hätte sich jetzt eine Wärme in mir ausgebreitet. Doch alles, was ich in diesem fühlte, war Leere, so wie ich es immer tat. Was ich sah, löste nichts in mir aus. Nicht mehr. Wenn ich daran dachte, was ich gleich würde tun müssen, spürte ich nichts. Nur die immergleiche Leere. Gut, dass ich kein Herz mehr hatte. Denn so war es nur noch ein Auftrag für mich, eine Erledigung wie jede andere auch. Die erste von vier Stationen heute. Nicht aufreibender, als einen Liter Milch im Supermarkt zu kaufen. Nach ein paar Jahrzehnten hörte man auf, mit jeder Person mitzufühlen. Jeder Funke Mitleid war vergeudet, denn es würde nichts ändern. Was geschehen würde, musste geschehen. Und es musste durch mich geschehen.

Nur ein Fingerdeut, ein paar geflüsterte Worte. Keine großen Gesten, kein Lärm. Es reichte auch so: Der Schatten hatte sich von den Fersen des Mädchens gelöst, das wahre Wettrennen konnte beginnen. Das Mädchen quietschte und schrie vor Vergnügen, jagte der schwarzen Gestalt mit Feuereifer nach, die Tüte Eis fast geschmolzen und längst vergessen in ihren Händen. War ja nur gezuckerte Sahne, ihre Eltern würden ihr sicher eine neue kaufen, wenn sie sie darum bat. Das Spiel mit dem Schatten wiederum, das würde sie nie wieder erleben. Das war einmalig, das erkannte auch sie schon.

Runde um Runde rannten die beiden über den Platz, ihr Schatten nie mehr als nur einen Meter vom Mädchen entfernt. Nie so weit von ihr entfernt, dass die Menschen um sie herum erkennen könnten, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Noch eine Runde um den Platz und noch eine. Die Augen an ihren Schatten geheftet, nichts anderes war mehr wichtig, nichts anderes würde je wichtiger sein als dieser Schatten, der wundersamerweise tatsächlich ein Wettrennen mit ihr machte. Die Eistüte, die sie irgendwann fallen ließ, war unwichtig. Die Rufe ihrer Eltern hörte sie gar nicht. Der Schrei der Passanten brachte sie nicht mal dazu, aufzusehen. Schade, denn sonst hätte sie vielleicht das Auto entdeckt, dass da auf sie zuraste, während sie dem Schatten weiter hinterherlief, raus auf die Straße. Sie schien nicht mal zu realisieren, dass sich der Untergrund unter ihrem Boden verändert hatte. Keine Kopfsteinpflaster mehr, Asphalt.

Aber selbst wenn sie es realisiert hätte, hätte es nichts gebracht. Denn sie war unter meiner Macht, unter meinem Fluch, der sie dazu brachte, stur weiterzujagen und zu vergessen, dass die Welt um sie herum existierte.

Sie schrie nicht, als das Auto sie zu Boden stieß, dafür taten es ihre Eltern. So laut, dass sie es nicht hörten, wie ihre Knochen brachen, Oberschenkel, Handgelenk, Hüfte, Wirbelsäule, Schädel. Sie war sofort tot, aber das konnten ihre Eltern, die nun zu ihr rannten, nicht wissen. Für sie gab es noch Hoffnung, nur einen Hauch, an dem sie festhalten würden, zumindest, bis der Krankenwagen eingetroffen war, der von den anderen Menschen in der Umgebung gerufen wurde. Für mich gab es keine solche Hoffnung. Denn ich sah, dass das Mädchen am Straßenrand stand. Sie sah sich suchend um, hatte ihren Schatten aus den Augen verloren. Kein Wunder, denn nun hatte sie keinen mehr. Als ihre Augen über ihre Eltern glitten, die ihren leblosen Körper im Arm hielten, ihn hin und her wogen, als wäre sie wieder ein Neugeborenes, öffnete sich ihr Mund zu einem kleinen „Oh“. Sie verstand nicht, was da passiert war, natürlich nicht, war ja noch ein Kind. Sah nur ihre Eltern, ihren Schmerz und die kleine Gestalt, die irgendwie aussah wie ihr Spiegelbild, aber auch wieder nicht ganz, nicht, wenn ihre Gliedmaßen auf solch groteske Art von ihrem Körper abstanden. Sie rief etwas, doch ihre Eltern hörten sie nicht. Rief nochmal, bekam aber keine Reaktion. Natürlich nicht. Verzweifelt schüttelte sie den Kopf, dabei wanderte ihr Blick weiter, bis er an mir hängen blieb. Eine schwarze Gestalt, Gesicht verdeckt von einer schwarzen Kapuze, die ruhig dastand, als einzige Person auf dem ganzen Platz. Sie starrte und starrte und ihre Lippe begann zu zittern. Es überraschte mich nicht, denn ich musste das Schrecklichste sein, das sie in ihrem gesamten bisherigen Leben gesehen hatte. Gut, dass ich nur der Übergang war, nicht das Ende. Was später kommen würde, würde ihr besser gefallen, da war ich mir sicher. Also streckte ich die Hand nach ihr aus, knochig wie sie war. Sie schreckte nicht zurück, starrte nur gebannt weiter auf mich, beobachtete alles, was ich tat. Noch weinte sie nicht und ich hoffte, dass es so blieb. Es war so viel einfacher, wenn sie nicht weinten und einfach mitkamen. Also bemühte ich mich um meine freundlichste Stimme. Sie konnte ja nichts dafür, für meine Situation, für mein Aussehen, meinen Fluch. Das konnte nur ich.

„Kommst du?“



Über die Autorin:

Laura Pellizzari (geboren 1999) lebt in Tirol und in Salzburg. Sie studiert Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften und betreibt die Seite „Miras Bücherwelt“. Im Sommer 2023 hat sie ihr Debüt „Die Schauspielerin“ veröffentlicht, davor hat sie bereits an mehreren Anthologien mitgewirkt.


Bisherige Veröffentlichungen:

Mehrere Kurzgeschichten in der Anthologie „Gedankenchaos“ (2023)

„Die Schauspielerin“ (2023)

„Mein Stück des Himmels“ in der Literaturzeitung „Veilchen“ (2021)

„Heimatdreieck“ in der Anthologie „All over Heimat“ (2019)

„Die Mauer“ in der Anthologie „Ziegelsteiner Auslese“ (2018)

Tag der Liebe in allen Formen

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